Dem Kollegen aktiv zuhören

Immer mehr Fachkräfte fallen durch psychische Erkrankungen aus. Doch Kollegen können dazu beitragen, dass es gar nicht so weit kommt.

Heidelberg, 16. Oktober 2012

Lothar Hafner leidet an Schizophrenie und arbeitet trotzdem seit mehreren Jahren in einem Unternehmen für Umwelttechnik. Das ist allerdings nicht der Normalfall: Ausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen kosten die Wirtschaft jedes Jahr rund 26 Milliarden Euro. Aber das Umfeld kann dazu beitragen, dass der Wiedereinstieg gelingt.

Nach einer psychischen Erkrankung fällt der Berufseinstieg schwer. Hafner bekam Unterstützung im Beruflichen Trainingszentrum Rhein-Neckar der SRH in Wiesloch. Hier macht ein Team aus psychosozialen Beratern und beruflichen Trainern Menschen mit psychischen Erkrankungen wieder fit fürs Arbeitsleben. Um anschließend dauerhaft Fuß zu fassen, können die Kollegen helfen.

Viele haben allerdings Berührungsängste, weiß Hafner. „Dabei reicht die ehrliche Frage, wie es einem geht. Wichtig ist, den Kollegen nicht zu ignorieren.“ Der 41-Jährige machte dagegen alles mit sich selbst aus, prompt kam der Rückfall. Daraus hat er gelernt: „Um Überlastung zu vermeiden, muss man im Arbeitsalltag mehr aufeinander achten und wissen, was beim Einzelnen Stress auslöst.“

Prof. Dr. Nadia Sosnowsky-Waschek, Professorin für Gesundheits- und Klinische Psychologie an der SRH Hochschule Heidelberg, bestätigt diese Erfahrung: „Jeder hat persönlich wirksame Stressoren in der Arbeit. Das kann Zeitdruck oder der Umgang mit schwierigen sozialen Situationen sein. Es gibt mittlerweile viele bewährte Stressbewältigungsprogramme, auf die Experten für Betriebe zugreifen.“

Auch Kollegen können manchmal erkennen, wenn der Druck über eine längere Zeit für einen Mitarbeiter zu viel wird. „Mögliche Anzeichen sind deutliche Änderungen des Verhaltens oder Fühlens: Jemand zieht sich immer mehr zurück, ist plötzlich sehr reizbar oder weinerlich. Andere trauen sich nichts mehr zu.“

Aber wie spricht man denjenigen am besten darauf an? „Oftmals reicht als Einstieg der Hinweis, dass man sich Sorgen macht. Wichtig ist, sich Zeit für den Betroffenen zu nehmen, aktiv zuzuhören ohne zu bewerten oder schnell Ratschläge zu erteilen. Sonst kapselt sich der Betroffene rasch ab. Ein offenes Ohr schafft dagegen Vertrauen, um Unterstützung anzubieten“, sagt Sosnowsky-Waschek. Heute fühlt sich Hafner deshalb wohl, will demnächst sogar seine Arbeitszeit aufstocken. Er wünscht sich, dass noch mehr Betroffene diese positive Erfahrung machen.

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