Bewährte Positionierlösung für die Flughafen-Intralogistik aus Deutschland

Der Hong Kong International Airport ist das weltgrößte Drehkreuz für Luftfracht. Um die Logistiksysteme ausfallsicher zu halten vertraut die Betreibergesellschaft Hactl seit 2010 auf Positioniersysteme von PSI Technics aus Deutschland.

Im Jahr 2010 war es soweit: der „Hong Kong International Airport“ verdrängte den langjährigen Spitzenreiter Memphis International Airport vom Platz 1 der größten Flughäfen der Welt nach Frachtaufkommen. Laut Zahlen des Airports Council International (ACI) fertigte der Flughafen 2010 mehr als 4,1 Mio t Fracht ab, fast doppelt so viel wie im gleichen Jahr am Flughafen Frankfurt / Main.
Die Hong Kong Air Cargo Terminals Limited (Hactl) ist der führende Frachtterminalbetreiber weltweit. Etwa 70 % der Luftfracht in Hong Kong gehen durch die Hactl-Anlagen, allen voran das seit 1998 in Betrieb befindliche SuperTerminal 1. Das von Sir Norman Foster entworfene Fracht-Terminal bietet auf sechs Etagen Platz für 390.000 m² Lagerfläche. Hier werden in einem Haupt- und einem Expressteil unter anderem Standard-Luftfrachtcontainer (ULDs), Tiefkühlware und lebende Tiere umgeschlagen.
Dabei werden in vielen Hochregallagern dieses Terminals die Regalbediengeräte noch mit Trimble ICS5000L Controllern angesteuert. Diese Positioniersysteme haben zwar nach wie vor noch einen guten Ruf bei Logistiktechnikern. Seit 2005 werden sie aber nicht mehr hergestellt, seit 2009 ist der offizielle Support und die Versorgung mit Ersatzteilen ausgelaufen – eine untragbare Situation für die verantwortlichen Techniker in Hong Kong.

Qualität aus Deutschland
Auf der Suche nach einer sehr zuverlässigen und dennoch einfach zu integrierenden neuen Positionierlösung stieß das Team um den Technikverantwortlichen Toby Wong auf den deutschen Hersteller PSI Technics aus Koblenz. „Zwei Dinge waren uns wichtig: Nachgewiesene Erfahrungen mit solchen Retrofit-Projekten und ein Einbau mit minimalen Ausfallzeiten in eine bestehende Hardwareumgebung“, so Wong. Die Erfahrungen konnte PSI Technics mit Installationen ihres eigenen Positioning Solution System unter anderem bei Volkswagen, Daimler und Bosch nachweisen. Der schnelle Einbau war dank ausführlicher Vorbereitungen ebenfalls garantiert. So begann die Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen 2010 mit der Umrüstung eines Regalbediengeräts im Box Storage System (BSS) des Terminals. Hier können in einem Hochregallager mit über 10.000 Stellplätzen Stückgüter aller Art wie zum Beispiel Elektronik oder Bekleidung gelagert werden. Das BSS bewältigt typischerweise 10.000 bis 15.000 Ladevorgänge pro Tag, wobei jeder Vorgang aus zwei Bewegungen besteht.
Den Wunsch nach minimalen Ausfallzeiten erfüllten die Ingenieure aus Deutschland mit einer ausführlichen Analyse der örtlichen Gegebenheiten bei einem On-Site-Audit im Herbst 2010. Die hier gewonnen Erkenntnisse über das Verhalten der alten Steuerung und die Kommunikation mit der SPS stellten sicher, dass die eigentliche Installation und die Einstellung im Winter 2010 innerhalb von lediglich zwei Arbeitstagen durchgeführt werden konnte.

Optimierte Regelstrecke
Das installierte Positioning Solution System ist ein autark arbeitendes digitales Regelungssystem. Ein großer Vorteil des neuen Positionier-systems ist die leichte Integration in bestehende Logistikumgebungen. Die bereits installierten Komponenten wie SPS, Umrichter oder Motoren bleiben im Einsatz. Vor Ort erhält das System seine Lageraufträge per Modbus TCP von der SPS. Die schnelle Inbetriebnahme wird auch durch eine weitere Besonderheit ermöglicht – der weitgehend automatischen Konfiguration des Positioning Solution Systems. Das System absolviert dazu selbständig Lernfahrten. Eine aufwendige manuelle Suche nach optimalen Regelparametern entfällt. Aus der Lernfahrt resultiert ein genau auf die örtlichen Gegebenheiten optimiertes Modell der Regel-strecke. Die Regelstrecke ist das gezielt zu verändernde System einer Regelung. Im Fall von PSI Technics handelt es sich um ein dynamisches System, dass durch die Übertragungsfunktion der Bewegungs-gleichungen des zu regelnden Kransystems repräsentiert wird. Die primär zu verändernde Größe des Systems, die Regelgröße, ist in diesem Fall also der Weg. Das Kransystem soll von Punkt A mit einer bestimmten Trajektorie zu Punkt B fahren. Dazu wird der Regler genutzt, welcher mit einer Stellgröße die Regelgröße kontrolliert. Der Regler wirkt bei einer Regelung in einem geschlossenen Wirkungskreis mit Rückführung der Regelgröße auf die Regelstrecke, um ein gewünschtes, eingestelltes Verhalten des Systems zu erzielen.
Das bei Hactl berechnete Bewegungsprofil berücksichtige die maximale Beschleunigung und Geschwindigkeit. In Hong Kong konnte so beispielsweise die Geschwindigkeit des Förderzeugs in der Längsachse von 1310 mm/s auf 1400 mm/s erhöht und die Startverzögerung von 0,8 auf 0,5 Sekunden verringert werden.
Im Betrieb wird der Lauf des RFZ zusätzlich permanent mit optischen Entfernungsmessern überwacht (hier SICK DME5000). So sorgt das System für in Echtzeit optimierte Bewegungen, mit denen Förderaufträge in kürzester Zeit abgeschlossen werden. Im Geschwindigkeits- und Beschleunigungsverlauf werden dadurch – unabhängig von der Last – nur lineare Rampen generiert und Schleichfahrten vermieden. Die Zeiten für Ein- und Auslagerungs-vorgänge verkürzen sich, der von HACTL geforderte hohe Durchsatz wird möglich. Die Lernfahrten lassen sich ebenso wie alle anderen Steuerungs- und Diagnosefunktionen zentral über die browserbasierte Software des Positioning Solution Systems aufrufen. Mit ihr lässt sich das System nach einer kurzen Einführung leicht bedienen, Programmier-kenntnisse sind nicht nötig.
Zusätzlich zum Positioniersystem wurde die Energieoptimierungssoftware EOS installiert. Diese synchronisiert beide Achsen bei der Bewegung des Regalförderzeugs. Unnötig schnelle Bewegungen auf der Achse mit dem kürzeren Weg werden vermieden. Der mechanische Stress der Anlage wird so verringert und die Langlebigkeit aller Komponenten erhöht. Die EOS steuert die Bewegungsgeschwindigkeit nach dem Motto „Optimum statt Maximum“.
HACTL betreibt insgesamt 24 Regalförderzeuge im Box Storage System BSS. Das erste wurde von PSI Technics vor Ort umgerüstet. Die anderen kann HACTL sukzessive selbst umrüsten, bisher wurden so bereits dreizehn Förderzeuge modernisiert. Nach der Modernisierung fährt das RFZ, bei gleicher Beschleunigung und Geschwindigkeit, nun mit sichtbar weniger Schwingungen, was den Anlagenverschleiß deutlich reduziert.

Folgeprojekte
Hactl war mit der Zusammenarbeit mit PSI Technics zufrieden und initiierte daher Anfang 2012 ein Folgeprojekt. Im SuperTerminal1 wurde erneut ein Retrofit einer Trimble ICS5000L mit nur kurzen Unterbrechungen an nur zwei Arbeitstagen durchgeführt. Dieses Mal bei einem Elevating Transport Vehicle (ETV). Dieses Regalförderzeug transportiert Standard-Luftfrachtcontainer mit einer maximalen Last von 13,6 t in bis zu 12 m Höhe.
„Die Referenzen der Positionierlösung von PSI Technics und die hohe Servicequalität waren ausschlaggebend für unsere Investitions-entscheidung“, resümiert Wong. Eine Entscheidung, die sich bewährt hat, denn die Modernisierung eines weiteren Regalförderzeuges im SuperTerminal 1 ist bereits geplant. Das Terminal kennen die Techniker von PSI Technics mittlerweile sehr gut. Durch ihre Arbeit wird der Flughafen auch in Zukunft seine Position als weltgrößtes Luftfrachtdrehkreuz verteidigen.

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