Für die Ärmsten ist es besonders hart

Bundesweiter gemeinsamer Kampf gegen vernachlässigte und armutsbedingte Tropenkrankheiten zum Welt-Tuberkulose-Tag am 24. März 2014

Jährlich sterben mehr als eine Million Menschen an Tuberkulose. Eine Erkrankung, die inzwischen auch vermehrt wieder in Europa auftritt. Multiresistente Bakterien breiten sich aus und es fehlen neue Medikamente, die die Erkrankung effektiv behandeln. So wie bei der Tuberkulose ist die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente oder Impfstoffe zu vielen anderen armutsbedingten Krankheiten unzureichend. Das Difäm – Deutsches Institut für Ärztliche Mission e.V. mit Sitz in Tübingen setzt sich als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Gesundheit des Verbands Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (Venro e.V.) sowie des neu gegründeten 'Deutschen Netzwerks für vernachlässigte Tropenkrankheiten' für die Bekämpfung der armuts-bedingten und vernachlässigten Krankheiten ein.

Was versteht man unter den vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten?
Dr. Gisela Schneider, Direktorin des Difäm: Als vernachlässigte Krankheiten werden tropische Infektions- und armutsbedingte Krankheiten bezeichnet, die vor allem Menschen in ärmeren Regionen der Welt betreffen und zu Behinderungen und gesellschaftlicher Ausgrenzung oder auch zum Tode führen können. Für ihre Erforschung und Behandlung wird im Vergleich zu anderen Infektionen wie HIV und AIDS oder Malaria wenig Geld aufgewendet. Zu diesen Krankheiten zählen beispielsweise die Schlafkrankheit, Flussblindheit oder das Elefantenmann-Syndrom. Die Tuberkulose ist zwar keine vernachlässigte Krankheit mehr, aber genauso wie diese Krankheiten dadurch gekennzeichnet, dass sie im Zusammenhang mit Armut besonders häufig auftritt.

Worin sehen Sie die Herausforderung in der Bekämpfung der armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten?
Insgesamt schätzen wir, dass etwa eine Milliarde Menschen allein an vernachlässigten Krankheiten leiden. Das Problem ist, dass die meisten Menschen in vergessenen ländlichen Regionen leben und kaum Zugang zu einer guten medizinischen Versorgung haben. Aufgrund ihrer Ausgrenzung werden sie kaum wahrgenommen und entsprechend vernachlässigt. Diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass die Industrie im Grunde wenig Interesse hat, in diesen Gebieten zu forschen, weil die Medikamente am Ende nicht teuer verkauft werden können.

Aber sicher gibt es doch bei der Tuberkulose deutliche Fortschritte, weil in den letzten Jahren viel Geld investiert wurde?
In der Tat ist in den vergangenen Jahren viel in die Behandlung der Tuberkulose geflossen und die Forschung wurde intensiviert. Aber wir behandeln sie auch heute noch mit den Medikamenten, die es seit 50 Jahren gibt. Heute begegnen uns vermehrt Resistenzen und dann gibt es oft keinen Zugang zu einer zweiten Therapielinie. Das ist sehr schlimm, weil die Tuberkulose nicht nur dem Patienten schadet und zum Tode führt, sondern auch die Menschen in der Umgebung gefährdet. Daher ist auch hoher Handlungsbedarf für neue Medikamente und für einen effektiven Impfstoff und für Fortschritte in der Diagnostik.

Als Organisation für weltweite christliche Gesundheitsarbeit setzt sich das Difäm vor allem für Menschen in armen und abgelegenen Regionen und Ländern ein. Wie bekämpfen Sie vernachlässigte und armutsbedingte Krankheiten wie Tuberkulose?
Die Menschen, die an diesen Krankheiten leiden, leben oft zurückgezogen in ihren Dörfern. Sie sind zu arm, um in die Städte zu gehen und in medizinischen Zentren versorgt zu werden. So ist die Basisgesundheitsarbeit, die vor Ort in den Dörfern geschieht, eine sehr wichtige Arbeit, die wir fördern und unterstützen. Dort können wir Menschen abholen und Medikamente auch für diese Krankheiten an die Frau und den Mann bringen. Beispielsweise unterstützten wir unsere Partnerorganisationen Santi TB in Indien und das Gaubin-Krankenhaus des Lutherischen Gesundheitsdienstes auf der Insel Karkar, Papua-Neuguinea. Tuberkulose ist hier nach wie vor ein großes Gesundheitsproblem. Ziel der Projekte ist, die Betroffenen zu identifizieren und diesen eine Behandlung zu ermöglichen. Dabei geht es um standardisierte Therapien unter Aufsicht, Sicherstellung der Medikamentenversorgung und qualitätskontrollierte Diagnostik. Da Tuberkulose in Kombination mit HIV und Aids oft tödlich sind, sind HIV-Prävention und -Behandlung hier ebenfalls wichtige Aspekte.

Die AG Gesundheit von Venro e.V., deren Sprecherin sie sind, hat nun einen Brief an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geschrieben, das die Forschung zu Tropenkrankheiten fördert. Was ist Ihr Anliegen?
Um den Teufelskreis von Armut und Krankheit zu durchbrechen, braucht es Zugang zu guter Gesundheitsversorgung für alle Menschen. Die armutsbedingten und vernachlässigten Krankheiten führen für viele zu Ausgrenzung, Stigmatisierung und einer fehlenden Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und enden oft auch tödlich. Da es für die Industrie keine Anreize gibt, in diese Krankheiten zu investieren, braucht es neue Modelle und Partnerschaften, die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe vorantreiben. Öffentliche Gelder müssen eingesetzt werden und in sogenannten Produktentwicklungsgemeinschaften kann es gelingen, dass neue Medikamente entwickelt werden und die betroffenen Menschen auch Zugang bekommen. Bundesministerin Prof. Dr. Johanna Wanka hat sich in ihrer ersten Amtszeit im Bereich der vernachlässigten Tropenkrankheiten engagiert. Uns ist wichtig, dass die Inhalte des BMBF-Förderkonzepts nun nach ihrer Wiederernennung weiter umgesetzt und weiterentwickelt werden.

Im nächsten Jahr sollen die Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen er-reicht sein. Vor dem Hintergrund der Post-2015-Agenda fordern Sie, dass die Forschung und Entwicklung zu den vernachlässigten und armutsbedingten Krankheiten hoch auf der Agenda verankert sein soll. Wie stehen die Chancen hierfür?
Die Bundesregierung hat diese Krankheiten sogar im Koalitionsvertrag erwähnt. So hoffen wir, dass das BMBF aber auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hier vermehrt Mittel zur Verfügung stellen werden. Darüber hin-aus muss Gesundheit als eigenständiges Ziel in der Post-2015-Agenda verankert werden. Entwicklung gibt es nur, wenn Menschen gesund sind. Daher wollen wir die Anliegen des universellen Zugangs zu Gesundheit auch in der Post-2015-Debatte gut verankert sehen.

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Hintergrund

Das Difäm –
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Seit über 100 Jahren fördert die Organisation für weltweite christliche Gesundheitsarbeit die Gesundheitsversorgung in wirtschaftlich armen Ländern, besonders für benachteiligte Menschen.
Das Difäm ist Träger der Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus in Tübingen,
der Akademie für Globale Gesundheit und Entwicklung (AGGE) und Mitträger des Tübinger Projekts: Häusliche Betreuung Schwerkranker.

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