Duale Ausbildung 2030: Hotellerie setzt auf Zukunft

Zukunft der dualen Ausbildung in der Hotellerie: Digitalisierung, Azubi-Hotels und neue Berufsbilder verändern die Branche

Die duale Ausbildung ist ein bewährter Baustein der deutschen Bildungslandschaft, insbesondere in der Hotellerie, wo Praxisnähe und strukturierte Lerninhalte für den Berufseinstieg essenziell sind. Doch die Anforderungen an die Ausbildung in Hotels wandeln sich rasant: Technologische Innovationen, veränderte Gästewünsche und die Ansprüche der Generation Z führen zu tiefgreifenden Veränderungen, die kosmetischer Natur sind und die duale Ausbildung grundlegend neu definieren.

Aktuelle Zahlen zeigen die Krise klassischer Ausbildungsberufe

Die Situation ist ernst: Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) blieben im Jahr 2023 bundesweit rund 36?% aller Ausbildungsstellen in der Hotellerie unbesetzt. Besonders betroffen waren die Berufe Hotelfachmann/-frau und Restaurantfachmann/-frau. In Bayern und Nordrhein-Westfalen meldeten viele Betriebe mehr Ausbildungsplätze als es Bewerber gab. Eine Entwicklung, die auch für das Jahr 2025 erwartet wird. Die duale Ausbildung verliert zunehmend an Attraktivität, was in vielen Betrieben bei der Besetzung der Rezeption und im Frühstücksservice zu strukturellen Engpässen führt.

Digitale Tools werden zum Pflichtbestandteil der Ausbildung

Während früher klassische Arbeitsmittel wie Reservierungsbücher und Faxgeräte zum Hotelalltag gehörten, ist heute in vielen Ausbildungsbetrieben moderne Hotelsoftware wie „Oracle OPERA“ oder „Fidelio Suite 8“ Standard. Auszubildende müssen lernen, mit cloudbasierten PMS-Systemen (Property Management Systems), Channel-Management-Tools und digitalen Housekeeping-Apps umzugehen. Einige Hotelketten, darunter die Lindner Hotels oder Maritim, haben interne Schulungsplattformen mit E-Learning-Einheiten eingeführt. Diese können Azubis zu Themen wie No-Show-Handling, Datenschutz oder Upselling-Techniken über Tablet oder Smartphone absolvieren. Auf diese Weise wird die Digitalisierung Inhalt und Methode der Ausbildung.

Azubi-Hotels als Modellprojekte mit Vorbildfunktion

Ein eindrückliches, innovatives Modell ist das „Hotel Esplanade“ in Dortmund, das seit 2022 ein eigenes Azubi-Hotel betreibt. Dort übernehmen Auszubildende – unter realen Bedingungen – für jeweils zwei Wochen die Leitung einzelner Hotelbereiche, darunter Rezeption, Housekeeping, Frühstücksservice und Veranstaltungsverkauf. Unter Anleitung von erfahrenen Ausbildern kalkulieren sie Preise, führen Personalgespräche und analysieren Gästebewertungen. Die Erfolge sprechen für sich: Viele Teilnehmende berichten, dass sie durch diese Eigenverantwortung mehr Selbstvertrauen entwickeln und anschließend sicherer im Umgang mit Gästen sind. Auch die Victor’s Residenz-Hotels und das Romantik Hotel FreiWerk in Stolberg bieten ähnliche Konzepte mit rotierenden Praxisstationen an.

Neue Berufsbilder und duale Ausbildung: Eventmanagement und digitale Gästebetreuung im Fokus

Die klassische Ausbildung zur Hotelfachfrau/zum Hotelfachmann wird zunehmend durch neue Berufsbilder und Ausbildungsmodelle wie die duale Ausbildung ergänzt oder sogar ersetzt. Seit 2020 ist die Ausbildung zum Kaufmann/zur Kauffrau im E-Commerce für Hotels offiziell zugelassen. Einige Häuser, wie das 25hours Hotel in Hamburg, haben diese neue Ausbildung bereits integriert. Auszubildende übernehmen dort die Pflege des hoteleigenen Webshops, die Kontrolle von Buchungskanälen und die Optimierung der digitalen Gästereise – vom ersten Kontakt auf Instagram bis zur Rechnung per E-Mail. Auch der neu geschaffene Schwerpunkt „Veranstaltungsverkauf“ in der Hotelfachausbildung findet in Häusern mit Tagungsgeschäft wie den Dorint Hotels & Resorts Anklang.

Berufsschulen modernisieren ihre Lehrpläne schleppend

Auf Seiten der Berufsschulen gibt es erste Fortschritte. In Hamburg und Berlin wurden 2023 Pilotprojekte gestartet, bei denen sogenannte „hybride Lernformate“ eingeführt wurden: Teil des Unterrichts findet online über Microsoft Teams statt, ergänzt durch Videotutorials, Quizformate und digitale Lerntagebücher. Dennoch klagen viele Betriebe darüber, dass die Lehrinhalte der Berufsschulen häufig veraltet sind. So wird in manchen Schulen noch der Umgang mit veralteten Kassensystemen gelehrt, während in der Praxis längst mit Cloud-Lösungen gearbeitet wird. Die Einführung eines bundesweit einheitlichen digitalen Lehrplans für die Ausbildung in der Hotellerie ist ein erklärtes Ziel des DEHOGA bis 2027.

Fremdsprachen und interkulturelle Kompetenzen sind gefragter denn je

In der Hotellerie ist der Umgang mit internationalen Gästen Alltag. Besonders in Großstädten wie München oder Berlin stammen bis zu 80?% der Gäste aus dem Ausland. Daher setzen viele Betriebe verstärkt auf Fremdsprachenkenntnisse. Im Hotel Adlon Kempinski Berlin erhalten Azubis regelmäßig Englisch-Coachings mit Muttersprachlern. Zudem fördert das Programm „Erasmus+ Berufsbildung“ seit 2023 Auslandspraktika für Azubis. So können angehende Hotelfachleute drei bis vier Wochen in Hotels in Spanien, Portugal oder Frankreich arbeiten, dort ihre Sprachkenntnisse vertiefen und internationale Hotelstandards kennenlernen.

Mehr Selbstbestimmung für Azubis durch modulare Ausbildung

Einige Bundesländer – darunter Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein – erproben derzeit ein modulares Ausbildungssystem. Dabei wählen Auszubildende sogenannte „Lernmodule“, wie „Barservice“, „Businessgäste betreuen“ oder „Digitales Marketing im Hotel“. Diese Bausteine ergänzen die Kernfächer der Ausbildung und können teilweise als Zusatzqualifikationen zertifiziert werden. Das Ziel: Mehr Flexibilität und Individualität. Erste Ergebnisse zeigen, dass Auszubildende dadurch motivierter und erfolgreicher sind, weil sie das Gefühl haben, ihre Ausbildung aktiv mitgestalten zu können.

Neue Wege zur Berufsorientierung: Praktika, YouTube & TikTok

Der Erstkontakt zur Hotellerie erfolgt heute oft nicht mehr über Berufsberatungen, sondern über soziale Medien. Hotels wie das Ruby Hotel Leipzig oder das Superbude Wien produzieren TikTok-Clips mit echten Azubis, die Einblicke in ihren Arbeitsalltag geben. Hashtags wie #HotelAzubi oder #KarriereimHotel verzeichnen tausende Aufrufe. Ergänzt wird dies durch Schülerpraktika und Schnuppertage. Das „Praxistag Hotellerie“ des Landes Niedersachsen bringt jährlich über 1.000 Schülerinnen und Schüler in Kontakt mit Ausbildungsbetrieben – mit spürbarem Effekt: Die Zahl der Bewerbungen in teilnehmenden Hotels stieg im Folgejahr um bis zu 15?%.

Duale Ausbildung - Zukunft durch Wandel sichern

Die duale Ausbildung in der Hotellerie steht am Scheideweg. Um weiterhin Talente zu gewinnen und zu halten, braucht es mehr als kosmetische Anpassungen. Hotels müssen ihren Nachwuchs aktiv fördern, Freiräume schaffen, Digitalisierung ernst nehmen und neue Berufsbilder mutig integrieren. Azubi-Hotels, modulare Lernsysteme, internationale Praktika und moderne Schulungen zeigen heute, wie eine zukunftssichere Ausbildung aussehen kann. Wer jetzt investiert, bindet Fachkräfte und steigert die Attraktivität der gesamten Branche.

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