Wallstein Verlag

Ahasver, Moses und die Authentizität der jüdischen Moderne

In Frankfurt, wo ich wohne, ist das Wort Jude der unzertrennliche Schatten aller Begebenheiten, aller Verhältnisse, aller Gespräche, jeder Lust und jeder Verdrießlichkeit. […] Wer nun, gleich mir, diese Narrheit schon zwanzig Jahre beobachtet hätte, der würde sich auch daran gewöhnt haben, zürnend oder lächelnd, tadelnd oder bemittelnd, wie ich, auszurufen: der ewige Jude!« Ludwig Börnes ironische Verwendung des Begriffs »Ewiger Jude« im Jahre 1821 als Bezeichnung für die Juden als Kollektiv ist von Adolf Leschnitzer schon vor vierzig Jahren als Paradigmenwechsel im Verständnis der jüdischen Rolle in Europa überhaupt erkannt worden. Seine Grundlage hat der Begriff in der Legende, die in ihrer Grundstruktur bis ins Mittelalter zurückreicht und von einem (nicht in allen älteren Versionen jüdischen) Mann erzählt, der Jesus am Tage seiner Verurteilung geschlagen oder geschmäht hatte und in der Folge von diesem zu ewigem Wandern...

Der Hitler-Mythos im Spiegel der deutschsprachigen Literatur nach 1945

»Dieser Hitler, denke ich, der bleibt uns – lebenslänglich.« Mit diesem Fazit endet der autobiographische Band Das zerbrochene Haus, den Horst Krüger 1966 vorlegte. Krüger, der in dem Gerichtstag titulierten letzten Kapitel des Buches seinen Besuch im Frankfurter Auschwitz-Prozeß (1963-1965) schildert, dachte bei der Niederschrift wohl vor allem an die von Deutschen unter Hitlers Herrschaft begangenen Verbrechen. So impliziert die Prognose – entgegen aller damaligen Rufe, endlich einen Schlußstrich zu ziehen – die zeitlich unbefristete Erinnerung an den Holocaust. Und das von ›uns‹, also der deutschen Gedächtnisgemeinschaft. Unser Hitler Der Hitler-Mythos im Spiegel der deutschsprachigen Literatur nach 1945 Marcel Atze Wallstein Verlag http://www.new-ebooks.de/ebooks/24319 Aber Krügers Worte verweisen noch auf etliche andere bedenkenswerte Fragen. Wie wird ›uns‹ Hitler bleiben? Wo, durch wen und in welcher Form wird...

Theodor Lessing (Theaterkritiker): Kleine Schriften 1906-1907

Ein festliches Haus. Alle Ränge dicht besetzt. Die städtischen Behörden. Das städtische Orchester unter Leitung Walter Mundrys. Neue Requisiten, neue Kostüme, neue Kulissen. Neue Schauspieler und ein neuer Direktor. Und alles in Spannung: wie wird sich die erste Vorstellung im neuen Kurse bewähren? Welchen Griff hat die Stadt mit der neuen Direktion getan? Man gab Schillers ›Jungfrau‹. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen. Die beste Vorwegnahme des Wohlwollens. Denn im Namen Schiller finden sich in Deutschland die widersprechenden Elemente. Er ist unser aller Jugend, Dichter der Jugend und des weiten Volkes. Und wer Volk und Jugend hat, der hat die Zukunft. Die meisten Mitglieder des Personals und die Möglichkeiten des Fundus konnten Revue passieren. Aber nach dem ersten Auftreten schon über die darstellenden Künstler schreiben zu wollen, wäre geschmacklos. Dieser erste Abend machte einen von Grund aus würdigen Eindruck. Nachtkritiken Kleine...

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner gesellschaftlichen Hintergehbarkeit

Der vorliegende Band befaßt sich mit einem »heiklen« Thema: Kunst und Publikum. »Heikel« ist es deshalb, weil sich in ihm zwei ihrem Wesen nach entgegengesetzte Züge von Kunst verbinden. Zum einen deutet der in der westlichen Moderne aufgekommene Begriff der Autonomie der Kunst auf ihre Selbstgenügsamkeit; sie bedarf gleichsam »von sich aus« nicht der äußerlichen Rezeption. In einer wunderbaren Notiz Adornos zu Arnold Schönbergs Tendenz, »die eigenen Werke durch irgendeinen Zug schwer zu kompromittieren«, heißt es: »Ihm mag erklingende Musik bereits so klingen wie einem leidlich erwachsenen Menschen das laute Lesen von...

Hans Rothfels - Eine intellektuelle Biographie im 20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert ist bereits historisiert worden, noch ehe es ganz zu Ende gegangen war. In der Geschichtswissenschaft stellte sich das Bedürfnis nach historischer Verortung ab der Mitte der neunziger Jahre gerade angesichts der heranrückenden säkularen Grenze ein. Es war aber auch an die Wahrnehmung gebunden, daß soeben eine Epoche ihren Abschluß gefunden habe und die jüngste Vergangenheit bereits »geschichtlich« sei. Aus dieser Perspektive wurde das »20. Jahrhundert« als Ganzes historiographisch in den Blick genommen und in Gesamtentwürfen gedeutet. Dabei wird der Zeitraum unterschiedlich konstruiert, je nachdem, welche...

Jean Pauls optische Metaphorik der Unsterblichkeit

Wohl kaum ein Autor hat mehr blinde Protagonisten, Starstecher und Augenoperateure in seinem Werk aufzuweisen als Jean Paul. Vom ersten Roman Die unsichtbare Loge (1793) bis hin zur späten Unsterblichkeitsschrift Selina (postum: 1827) kann man ihre Spur verfolgen. Eine solche Fülle an Varianten optischer Defizite, die der Erzähler mit obsessiver Konkretion ins Bild setzt, wurde in der Forschung zwar vielfach beiläufig vermerkt, jedoch bisher weder in motivisch noch in metaphorologisch orientierten Studien zum Gegenstand der Untersuchungen gemacht. Augen-Spiel Jean Pauls optische Metaphorik der Unsterblichkeit Sabine Eickenrodt Wallstein...

Die Feuchtwangers - Familie, Tradition und jüdisches Selbstverständnis

Während Lion Feuchtwanger zu den bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts gehört und seine Werke seit den späten 1980er Jahren eine Art Renaissance erleben, ist weithin unbekannt, dass der Romancier aus einer großen, weitverzweigten bayerisch-jüdischen Familie stammte. Die Mitglieder der Familie Feuchtwanger – zu einem großen Teil über Generationen hinweg und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein fromme und praktizierende Juden – lebten und wirkten über Jahrhunderte im süddeutschen Raum. Die Geschichte der Feuchtwangers stellt in drei zentralen Aspekten eine Ergänzung und in gewisser Hinsicht auch ein Korrektiv...

Der Schwarzmarkt in Polen 1944-1989

Die im vorliegenden Buch enthaltenen Erwägungen und Ergebnisse ergaben sich aus Forschungen, die zuerst im Rahmen meiner Beschäftigung im Deutschen Historischen Institut Warschau (2000-2005) und später in einem vom polnischen Ministerium für Hochschule und Forschung finanzierten Projekt (Förderung Nr. 1 H01G074 29) durchgeführt wurden. Ohne den Beitrag zahlreicher Freunde, Kollegen, Bekannter und Unbekannter, die mich in der Durchführung unterstützt, über Material informiert und es mir zugänglich gemacht, ihr oft einzigartiges und unersetzliches Wissen geteilt oder auch Fragen der Forschungslogistik gelöst haben, wäre dieses...

Barthold Heinrich Brockes: Verdeutschter Bethlehemitischer Kinder-Mord - Gelegenheitsgedichte - Aufsätze

„Unser wehrter Herr Brockes gehet durch Wälder, Felder, Wiesen und Gärten, und findet unaufhörlich Anlaß Gottes Herrlichkeit in dem anmuhtigen irdischen Vergnügen zu besingen“, schrieb der Zeitgenosse Johann Adolf Hoffmann in seinem Andren Buch von der Zufriedenheit und äußerte mit diesen Worten nicht nur einen schönen Gedanken, sondern deutete so auch an, daß Brockes’ Hauptwerk das Irdische Vergnügen in Gott sei. Doch enthält dieser Band das Hauptwerk noch nicht. Selbstbiographie - Verdeutschter Bethlehemitischer Kinder-Mord Jürgen Rathje Wallstein Verlag http://www.new-ebooks.de/ebooks/23592 Brockes kommt...

Der Spieler Friedrich Schiller im interdisziplinären Zusammenhang

Der Begriff des Spiels ist von entscheidender Bedeutung für Schillers OEuvre, für seine Bühnenkunst ebenso wie für seine Rhetorik, für seine lyrische Produktion, seine erzählerischen Texte, seine historischen und ästhetischen Schriften. Er führt ins Zentrum von Schillers Denken, erschließt Zugänge zum literarischen wie zum theoretischen Werk, schlägt aber auch Brücken zur europäischen Wirkungsgeschichte, in deren Verlauf Schillers Texte andere künstlerische Genres wie Oper und Tanz als Spielvorlagen im doppelten Sinn inspirierten. Schiller, der Spieler Peter André-Alt Wallstein Verlag http://www.new-ebooks.de/ebooks/23591 Über...

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